Boßeln 2002 - ein erster Erfahrungsbericht eines Neulings

Stellen Sie sich vor, eine gebürtige Rheinländerin wird zum ersten Mal in ihrem Leben zu einem Boßel-Wettkampf eingeladen...

Sie ist natürlich sehr erfreut über die Einladung, kann sich aber nichts unter diesem Begriff vorstellen. In einer erster Kurzerklärung erfährt sie immerhin, dass man das Wort mit einem langen „o“ ausspricht, und es sich dabei nicht um einen neuen amerikanischen Unternehmensführungsstil handelt, sondern um eine Sportart.

Bei diesem Sport wird eine Kugel, bestehend aus einem speziellen Holz, dem Pockholz, über eine vorher bestimmte Strecke gerollt oder geworfen.

Diese Erklärung hatte allerdings noch mehr Fragen aufgeworfen und daher war meine Neugierde jetzt vollkommen geweckt. Da meine Familie mit Wissenschaftlern relativ gut versorgt ist, wurde ich, nachdem ich von der besagten Einladung zu einem Boßelwettkampf erzählt hatte, mit wissenschaftlicher Fachliteratur überschüttet und genötigt, diese auch zu lesen. Dabei habe ich sehr interessante Erklärungen zur Verbreitung und Entstehung des Boßelns gefunden, die ich den Lesern an dieser Stelle nicht vorenthalten möchte:

Die Verbreitung des Boßelsports ist nicht, wie man vielleicht aus dem Wort „Friesensport" ableiten könnte, auf Friesland oder Ostfriesland beschrankt. Vielmehr ist der Boßelsport ein internationaler Sport. Es gibt Boßelaktivitäten sowohl in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hessen, als auch in den Niederlanden, Italien, Spanien, in der Schweiz und sogar in den USA.

Der römische Geschichtsschreiber Tacitus (55 bis 116 n. Chr.) berichtet schon in seinem Buch "Germanica", dem wichtigsten Zeugnis der Germanenkunde: "Die Bewohner der Niederelbe verwendeten gegen die römischen Eindringlinge in der Sonne gebrannte Lehmkugeln. Selbst über größere Entfernungen erzielten diese Bewohner eine bemerkenswerte Treffsicherheit, weshalb auch die römischen Krieger diese Kugeln fürchteten."