Dedesdorf-Eidewarden

Foto Eingang St.-Laurentius-Kirche in Dedesdorf, Foto ©RTG

Informationen zu Dedesdorf-Eidewarden

  • 558 Einwohner (Juni 2017)
  • St.-Laurentius-Kirche mit Arp-Schnitger-Orgel - mehr Informationen
  • 40 Stelen und 17 Grabplatten auf dem Kirchen-Anger
  • Kirchenarchiv im Laurentiushaus
  • Galerieholländer-Windmühle
  • Wesertunnel 
  • Französisches Wachthaus, 1811- 1813 Zollstation (Amtsweg)
  • Baum von etwa 1908 mit nussähnlicher Frucht (beim Franzosenhaus)
  • Sturmflutpegel am Weserdeich
  • 2.100 Delfter Kacheln mit handgemalten Motiven aus dem 18. Jh., Tel. 04740/93930, Pflegeheim Amer
  • Slipanlage für Boote

  • Reetgedeckte Häuser in der Eidewardener Straße
  • 5 Jahres-Experiment des Hansestadt Bremischen Amtes (ab 1997). Umgestaltung der Tegeler Plate zu „unberührter Natur“ als naturnahe Flusslandschaft mit Laichplätzen, Watt, Simsen-Röhricht und Schilf, drei kleinen Seen als Rastplätze für Entenvögel und Rückzugsgebiete für Weißfische sowie eine künstliche Dünenlandschaft
  • Informationstafel am Markthamm über die Geschichte Landwürdens

 

Nordseezeitung - Serie 'familienfreundlich' vom 13.04.2012

Eng verwachsen: Auch aus der Luft wirken Dedesdorf im Vordergrund und Eidewarden im Hintergrund wie eine Einheit. Luftfoto ScheerStrandräuber schwören ab

Von BARBARA FIXY
DEDESDORF. Strandräuber, das waren die Dedesdorfer und die Bewohner der Nachbardörfer an der Weser im Süden Bremerhavens vor langer Zeit. Das hat den reichen Kaufleuten der Hansestadt Bremen nicht gefallen, deren Handelsschiffe die Weser hinauf und hinab segelten. Anno 1285 mussten die Schulzen (Ratsherren) des gesamten Landes Wührden denn auch in der Kirche zu Elsfleth den Bremern Urfehde schwören.

„Das bedeutete, dass sie die Schiffe in Ruhe lassen wollten“, erzählt Heimatpfleger Joost Schmidt-Eylers. Er ist stolz, eine Kopie dieser Urkunde zu besitzen. Sie belegt, dass Dedesdorf damals zu Oldenburg gehörte. Es taucht erstmalig der Name „universitas terrae Wordensis“ auf; damit kann das Jahr 1285 als Gründungsjahr der Gemeinde Landwürden betrachtet werden.
    Die Zugehörigkeit wechselte in den vergangenen 1000 Jahren zwischen Oldenburg, Bremen, Dänemark, Frankreich und nach dem Zweiten Weltkrieg auch England. Aus der kurzen französischen Zeit steht noch das sogenannte Franzosenhaus. Meist aber gehörten die Dedesdorfer zu Oldenburg – bis zur Gebietsreform 1974. „492 Jahre lang“, hat Schmidt-Eylers ausgerechnet.
    Bis 1974 wurde Landwürden von Dedesdorf aus regiert. Das Gemeindebüro war im alten Feuerwehrhaus, in dem unten Postbus und Feuerwehrauto je eine Garage hatten. Im Obergeschoss lagen Ratssaal und Büroräume. „Unten gab es ein Besprechungszimmer für Leute, die nicht so gut zu Fuß waren“, erinnert sich Schmidt-Eylers. Heute gehört das alte Rathaus dem Wassersportverein und wird als Bootshaus und Clubhaus genutzt.
    Dedesdorf ist überregional bekannt, teilweise ging sein Name sogar um die Welt. Als im japanischen Kobe 1995 ein starkes Erdbeben wütete, kam Dedesdorf in die Schlagzeilen, denn die Blockhäuser der ortsansässigen Firma Bode hielten stand, während alles drum herum zusammenfiel. Das Dedesdorfer Unternehmen existiert seit 12 Jahren nicht mehr.
    Als am 20. Januar 2004 der Wesertunnel eröffnet wurde, legte in Dedesdorf die letzte Weserfähre nach Kleinensiel ab. Der Fährbetrieb wurde nach 441 Jahren eingestellt. Eine Fotografie aus den 20er Jahren zeigt, wie die Leute manierlich am Anleger standen. Hier warteten auch die Dedesdorfer Schüler, wenn sie die weiterführenden Schulen auf der anderen Weserseite besuchen wollten. Seit der Gebietsreform fahren die Schüler mit dem Bus nach Loxstedt oder Bremerhaven.

Hafen hat sich verändert

Am Hafen hat sich viel verändert. Statt des alten Deichschaarts gibt es eine Auffahrt über den Deich. Der „Weserhof“ wurde aus Gründen der Deichsicherheit abgerissen. Das bekannte Ausflugslokal war in den Deich gebaut. Gegenüber machte später der „Deichgraf“ dicht. Die Dedesdorfer Hochzeitsmühle im Ortsteil Oldendorf steht leer. Der Fernverkehr rauscht an Dedesdorf vorbei durch den Tunnel.
    Um 1050 wurde in Thiedolstorp, dem heutigen Dedesdorf, eine Kapelle gebaut. Später wurde an der Stelle eine Kirche errichtet. Bestand hat seit mehr als 800 Jahren der Dedesdorfer Markt mit dem Schweinemarkt, der um den 10. August stattfindet, dem Namenstag des heiligen Laurentius. Nach ihm ist die Dedesdorfer Kirche benannt. Sie gehört noch immer zu Oldenburg. Nach dem tragischen Unfalltod der Pastorin Manuela Wüsteney im vergangenen Jahr hat der Kirchenrat ihre Amtskollegin Bettina Roth aus Esenshamm gewählt und damit die Zugehörigkeit zur Oldenburger Landeskirche bekräftigt.
    Dedesdorf ist viel kleiner als sein Ruf. Nur das alte Dedesdorfer Siel trennt es vom Nachbarort Eidewarden. Der Dedesdorfer Markt liegt schon im Nachbardorf. Der Markthamm liegt einen Steinwurf von der Dedesdorfer Kirche entfernt und gehört doch zu Eidewarden. Beide Dörfer sind zur Einheit verwachsen.

Aus der Chronik
um 1050: Bau einer Kapelle in „Thiedolstorp“
1285: Gründungsjahr der Gemeinde Landwürden
Januar 2004: Der Wesertunnel eröffnet, die Weserfähre nach Kleinensiel stellt den Betrieb ein

 

Nordseezeitung - Serie 'familienfreundlich' vom 08.05.2012


Mit dem Nachbarn Dedesdorf zusammengewachsen: Das 370-Seelen-Dorf Eidewarden, das direkt an der Weser liegt. Luftfoto ScheerFest in Oldenburger Hand

Eidewarden gehörte jahrhundertelang zur Wesermarsch – Schwein ins Kinderkarussell gesetzt

Von INGA HANSEN
EIDEWARDEN. Es ist 30 Jahre her, da probten die Eidewardener den Aufstand. Streitbare Anwohner, zumeist allerdings Zugezogene, pochten auf die Selbstständigkeit des alten Bauerndorfes, das direkt an Dedesdorf grenzt. Am Friedhof stellten sie ein eigenes Ortsschild auf. Um sich endlich einmal gegenüber dem kleineren, aber übermächtigen Dedesdorf zu behaupten, das durch seine Weserfähre weithin bekannt war.

Dabei haben die beiden Dörfer an der Unterweser eine gemeinsame Geschichte. Geprägt ist sie durch den Strom. Schon vor 800 Jahren ruderte ein Fährmann die Edelleute aus Oldenburg zu ihrer Enklave Landwürden (Land der Wurten) auf der anderen Weserseite. Dort stand damals auf einer großen Wurt eine Kapelle, die Bernhard von Sachsen um 1050 errichtet und dem heiligen Theodulf geweiht hatte. Aus der Wurt Thiededolfestorp, nach Theodulf benannt, wurde Dedesdorf, aus der Kapelle die St.-Laurentius-Kirche mit ihrer berühmten Arp-Schnitger-Orgel, aus der Nachbarwurt Eidenworth Eidewarden. Die Wurt lag damals viel weiter im Westen, dort, wo heute die begradigte Weser fließt.
    Die Kirchengemeinde gehört noch heute zu Oldenburg – Überbleibsel aus der jahrhundertelangen Bindung an die andere Weserseite. Bis 1974 gehörte die Gemeinde Landwürden mit den Dörfern Dedesdorf, Eidewarden, Overwarfe, Ueterlande, Wiemsdorf, Maihausen, Indiek und dem südlichen Teil von Büttel zum Landkreis Wesermarsch. Die Kinder gingen damals in Nordenham zum Gymnasium, die Landfrauen schipperten zu ihren Verbandsschwestern auf die andere Weserseite, die Jugend amüsierte sich am Wochenende in Brake.

Fähre legte einst im Dorf ab

Eidewarden ist erst mit der Zeit zur heutigen Größe gewachsen. „Die Häuser im Süden, die an Dedesdorf grenzen, sind nach 1700 gebaut worden, die im Norden, auf dem Jück, erst nach der Sturmflut von 1825“, erzählt Heimatpfleger Joost Schmidt-Eylers. Und die Fähre, jahrzehntelang das Wahrzeichen von Dedesdorf, habe einst auch am Eidewardener Siel abgelegt, „dort, wo heute der Hof Gräper ist“. Von dort aus, erzählt Schmidt-Eylers, seien Güter bis nach Holland transportiert worden. So sollen auch die berühmten blau-weißen Delfter Kacheln, die das heutige Seniorenheim Amer – einst ein Hotel – schmücken, an die Weser gekommen sein. „Die wurden damals als Beschwerung für die Schiffe benutzt“, sagt Schmidt-Eylers.
    In den 50er Jahren rückte Eidewarden enger an Dedesdorf heran, zwischen Kanal und Wiemsdorfer Kirchweg entstanden die „Siedlungen“, in denen viele Flüchtlinge aus dem Osten teilweise mit staatlicher Hilfe ihr Häuschen bauten. Maßgeblichen Anteil daran hatte der damalige Bürgermeister Wilhelm Suhrhoff, der jahrelang für die SPD im Braker Kreistag saß.
    Auch der berühmte Dedesdorfer Markt findet schon seit dem 19. Jahrhundert auf Eidewardener Grund statt. Damals musste der Rummel, der 1149 als Viehmarkt auf dem Kirchhof gestartet war, umziehen, weil das bunte Treiben sich mit der Andacht nicht mehr vertrug. Dass bei diesem Großereignis ein lebendes Schwein versteigert wird, passiert übrigens erst seit 1959. Damals hatten angetrunkene Jugendliche bei Nacht und Nebel aus dem Schweinestall des Gemeindedirektors einen jungen Eber namens Nuffi stibitzt und diesen auf dem Markt in ein Kinderkarussell gesetzt. Bei dem Schabernack brach sich das unglückliche Borstentier eines der vier Eisbeine. Das Tier musste notgeschlachtet werden.
    Pfiffige Geschäftsleute wie Gastwirt Heinz Tönjes und Fleischermeister Rolf Bode griffen diese „Schweinerei“ auf und begannen in einem kleinen Zelt auf dem Marktplatz mit der Versteigerung eines lebenden Borstenviehs. Heute ist die Schweineauktion alljährlich der Höhepunkt des Marktes und lockt Prominenz aus der ganzen Region an.

Chronik
1110 wurde Eidewarden als Eidenworth erstmals genannt. Das Bauerndorf an der Weser, das heute mit Dedesdorf zusammengewachsen ist, gehörte wie ganz Landwürden jahrhundertelang zu Oldenburg.